OE-FDF

Die Geschichte der OE-FDF

 

Was ist los?

Eineinhalb Stunden noch, dann weiß ich wirklich was Sache ist. An Information hatte ich zwar viel, aber nichts genaüs bekommen. Silvia rief mich an, an diesem 16. Juni, und erzählte mir, daß beide Triebwerke der Skyvan in 2000 m ausgefallen seien, alle Springer ausgestiegen sind und sie gut gelandet ist. Nach und nach kam dann heraus, daß der Flieger auf einem Kartoffelacker in 500 m Entfernung vom Flugplatz Hoogeveen in Holland stand, und das Bugrad verbogen war. Vorschrift ist Vorschrift, dachte ich mir, und schrieb an die Behörde eine Störungsmeldung und an die Versicherung ein Fax das mit den Worten begann: Einen schönen guten Morgen trau ich mich jetzt nicht zu wünschen...... Jetzt - zwei Tage später - sitze ich mit dem Gutachter der Versicherung Dr. Sperr, Hans und unserem Cheftechniker Franz in einer Cessna 210 am Weg nach Hoogeveen. Hans sagte mir soben, daß auch das Instrumentenbrett der Skyvan verbogen sei. Das war eine neue Information für mich. Bisher war immer nur vom Bugrad und der Außenhaut am Bauch die Rede. Wir werden es ja bald wissen. Die Fluglotsen sind sehr kooperativ, laufend bekommen wir short cuts und sparen uns somit einiges an Weg und Zeit. Durch ein bißchen Rückenwind und bisher 30 abgekürzte Meilen können wir uns den Tankstop in Siegerland sparen. Der nächste Freqünzwechsel auf Bremen Radar bringt eine Überraschung. Die Funkgeräte der C-210 lassen sich nicht auf 760 Kanäle rasten, meine Handgurke muß herhalten. Zwischen Verständnislosigkeit und Bewunderung drücken die Kommentare meiner Passagiere aus. Das Flugzeug sei auch schon fast 20 Jahre alt, und ich kann mich noch erinnern, daß ich die Avionic selbst installiert habe, als ich mein Geld noch mit Flugzeugwartung verdient habe. Bei wolkenlosem Himmel starten wir unseren Sinkflug und landen 25 Minuten früher als geplant in Hoogeveen. Da steht sie also - aufgebahrt auf einem Sattelaufleger - quer zur Fahrtrichtung, fachmännisch auf 4 Stößen Paletten aufgesetzt. Ein erster Blick macht einen besseren Eindruck als ich befürchtet habe. Das Bugrad ist ausgerissen, aber die aufklappbare Nase kaum beschädigt. der erste und zweite Spant, an dem das Bugrad befestigt ist, sind erwartungsgemäß zerstört, aber sonst sieht es ganz gut aus. Franz kommt mir zuvor und meint: "In 3 Wochen fliegt sie wieder." Ich sage, man müßte es auch in 2 Wochen schaffen. Dr. Sperr fotografiert und diktiert. Wir beginnen mit der Reparatur. Zuerst alle Deckeln aufmachen, Befunderhebung, Ersatzteilbestellung, Zusammenbau und Lackierung. Mental fliegt sie heute schon wieder. Praktisch ist aber erst die erste Hürde zu nehmen: Wir brauchen eine Leiter, um IN den Flieger zu kommen. Durch den Sattelaufleger befindet sich der Boden in gut 2 m Höhe. Silvia - sie hat die letzten zwei Tage die Bergung organisiert - hat auch schon etwas Infrastruktur geschaffen. Der erste Blick in's Cockpit bringt Ernüchterung. Das Instrumentenbrett ist tatsächlich geknickt, das heißt, daß der Boden gestaucht ist, die Mittelkonsole verbogen, ..... Wir wenden uns dem Außenblech zu. Der Kabinenboden wird aufgeschraubt, um die Bodenbleche von innen zu besichtigen. Der nächste Rückschlag folgt: Der Frame 74 ist auch deformiert. Das Ist der Rahmen, der an der Crewtüren - Hinterkante der ganzen Zelle die viereckige Form gibt. Sichtliche Enttäuschung macht sich auch bei Franz breit. Wir beschließen, den Bereich unter den Seitenruderpedalen zu inspizieren. Vielleicht gibt es dort good news? Um die Nase zu Öffnen muß zuerst das Bugrad mit Brachialgewalt wieder in senkrechte Lage gebogen werden. Viel Sand aus dem Kartoffelacker fliegt, die Augen schmerzen. An abgerissenen scharfen Blechteilen zerschneidet man sich die Hände. Endlich ist sie offen. Direkt unter der Nase befindet sich der Großteil der Hydraulik: Bremse, Bugradsteürung und Landeklappen haben hier ihr Nervenzentrum. Hier ist relativ wenig beschädigt, fast nur Blechschaden. Inzwischen sind 3 Stunden seit unserer Landung vergangen. Da wir vorher fast vier Stunden hergeflogen sind, knurrt der Magen. Ein Bier wäre auch nicht schlecht, und finster wird es mittlerweile auch schon. Dr. Sperr fotografiert, diktiert und skizziert noch immer. Offensichtlich hört er aber auch mit einem Ohr zu, zum Bier gehe er mit, zum Fotografieren ist ohnehin schon zu wenig Licht.

Die Unfallursache

sei für ihn auch klar: Kein Sprit. Silvia kann es nicht Faßen: Nach Ihren Aufzeichnungen und der Anzeige muß noch knapp für eine Stunde Kerosin da sein. Das Öffnen des Ablaßhähne bestätigt aber Sperr's Version: Weniger als ein Liter insgesamt läßt sich noch herausholen. Später wird er feststellen, daß die Summe von Rundungsfehlern, Meßtoleranzen, ungenau Umrechnung mit spezifischem Gewicht und Temperatur von Liter auf Pfund die Ursache für Silvias falsche Annahme war. Beim Abendessen Faßen wir zusammen: Instrumentenbrett, Mittelkonsole und Frame 74 sind verformt, was an Blechteilen genau zu reparieren oder zu erneuern ist, kann man erst nach dem vollständigen Zerlegen feststellen. Das Bugrad muß in jedem Fall überholt werden. Die Kabelbäume im Nasenbereich müssen abgeschlossen und ausgefädelt werden, das sind ca. 160 einzelne Leitungen. Eine Reparatur ist prinzipiell machbar, den Aufwand werden wir morgen errechnen. Die Nacht bringt wenig Schlaf und viele Gedanken. Am nächsten Vormittag verbringen wir mit Parts-Katalog, Preisliste und Rechenstift. Zwischendurch geht es immer wieder hinaus zum Flugzeug, um noch einmal Details anzusehen. Zu Mittag stellen wir fest, wir haben alle Informationen und fliegen über Zwartberg - wo mittlerweile schon eine aus Luxemburg gecharterte Ersatz-Skyvan steht, - zurück nach Wien. Franz schätzt und rechnet den Rest der Woche die Arbeitszeit für die Reparatur, ich suche Ersatzteilpreise und - Lieferzeiten zusammen, Dr. Sperr kalkuliert das ganze von Versicherungsseite. Nebenbei schicke ich ein Serienfax an alle Skyvan -Besitzer weltweit mit der Frage, ob denn eine zu verkaufen sei und was sie kostet.

Die Entscheidung

Eine Woche später bei der Schlußbesprechung kommt heraus, daß die Versicherung es vorzieht, eine pauschale Schadensabgeltung zu leisten, da der Umfang der Reparatur erst nach den Zerlegungsarbeiten, die auch eine Stange Geld kosten, abschätzbar sein wird. Ich lerne und ziehe meinen Schluß daraus, daß ich mich auch nicht auf so ein Millionen-Glücksspiel einlassen werde. Außerdem habe ich mittlerweile eruiert, daß in Durban in Südafrika 2 Skyvans mit abgelaufenen Triebwerken, aber sehr jungen Zellen zu haben sind.

Damit beginnt die eigentliche Geschichte.

Executive Aerospace heißt die Firma in Durban. Die beiden Flieger sind Baujahr 1979 und eine der letzten, die gebaut wurden. Sie waren für Frachtflüge zwischen Durban und Johannesburg eingesetzt, aber seit 2 Jahren werden dafür größere Maschinen verwendet. Die Triebwerke haben nur mehr ca. 300 Stunden bis zur nächsten Grundüberholung, aber auf die Zelle wurden erst 4000 Landungen geflogen Ursprünglich wurden sie an die Lehsoto Air Police verkauft, dort flog man Fallschirmspringer damit. Seit 1989 stehen Sie in Durban. Die technischen Daten sind schnell nach Österreich gefaxt, natürlich nicht alle auf einmal. Mittlerweile weiß ich ja, welche Service-bulletins und Modifikationen teuer sind oder werden können. Rund 170 davon sollten durchgeführt sein. Die wichtigsten lasse ich mir einzeln bestätigen. Wunder tut mich an der Sache, daß 2 Flugzeuge die nach diesen ersten Informationen in ausgezeichnetem Zustand sind, nicht schon lange verkauft sind. Auch der Preis ist nicht so, daß man ihn nicht dorthin verhandeln könnte, wo er sein sollte. Erste Telefonate sind ein vorsichtiges Abtasten. Wer ist der andere, was hat er für eine Vorstellung vom Geschäft. Im schlechtesten Fall können ja die Logbücher getürkt sein und man hat um ein paar hunderttausend Dollar einen Schrotthaufen gekauft, der nicht einmal den Ferryflug überlebt. Die südafrikanische Geschäftswelt ist der englischen sehr ähnlich, ist mein erster Eindruck. Der Deal sollte auch über einen englischen Treuhänder abgewickelt werden. Eine erste Bankauskunft stellt diesem auch ein gutes Zeugnis aus. Der nächste Schritt ist, dem Verkäufer zu zeigen, daß man es ernst meint, und das Geld zur Verfügung hat.

Nichts geht ohne Amt

Parallel zu diesen Aktivitäten informiere ich auch unsere mittlerweile privatisierte Luftfahrtbehörde, die jetzt Austrocontrol heißt. Eine Zulassung sollte eigentlich kein Problem sein, da ja erst vor 3 Jahren die Pink 2, Ö-FDI in Österreich innerhalb weniger Tage zugelassen wurde. Sollte - dachte ich. In der Austro Control wurde mittlerweile umstrukturiert. Nicht mehr eine Person ist für uns zuständig, sondern 3 - 4, Ende Juni ist Urlaubsbeginn und mindestens einer dieser ist daher auf Urlaub. Das Argument, daß ja bereits 2 baugleiche und typengleiche Skyvans in Österreich zugelassen wurden, zieht nicht bei allen Zuständigen gleichzeitig. Immer wieder werden Rücksprachen angekündigt, die aber nicht so schnell abgehalten werden können, wegen Terminüberlastung und Urlaub. Tatsächlich ist es so, daß seit der letzten Zulassung es eine Gesetzesänderung gegeben hat, nach der wesentlich strengere Lärmvorschriften einzuhalten sind. Die Lärmemission muß nach den neün Richtlinien gemessen werden, eine Umrechnung der alten Werte ist nicht möglich. Mittlerweile haben wir für unsere Pink Boogieseine Skyvan aus Luxemburg gechartert, die gerade in Zwartberg fliegt. Die Lärmmessungen könnten von Austro Control oder einer LBA - zugelassenen Firma erfolgen. Im Wiener Amt zeigt man sich sehr kooperativ. Nach Umstoßen des Terminplanes der damit befaßten Leute wäre eine Messung in der Woche des Wald4telboogies möglich, gleichzeitig werde ich aber ersucht, nach Alternativen zu suchen, da man wirklich viel zu tun hat, Die Firma Hoffmann-Propeller in Rosenheim reißt uns dann heraus. Ja, wenn man nach Mühldorf komme, könne die Lärmmessung durchgeführt werden... und wenn das Wetter stimmt.

Die Zweite Front,

die Typenzulassung erweist sich als echtes Problem. Eine Musterzulassung gibt es in Österreich und USA nur für die 'Skyvan Series 3 Variant 200'. Skyvans wurden in 3 Serien und 4 Varianten, und das alles in ziviler und militärischer Version gebaut. Die Series 1 war mit Kolbentriebwerken, die Series 2 mit Astazur Turbinen und die Series 3 mit den uns bekannten Garrett Turbinen. Series ist kein Problem, ABER die in Südafrika ist eine Variant 100. Musterzugelassen ist aber nur die Variant 200. Daß unsere 2 alten Pinks aber auch Variant 100 sind, und trotzdem zugelassen wurden und geflogen sind, wird in den geheiligten Hallen der Luftfahrtbehörde nicht so richtig als zugkräftiges Argument anerkannt. Inzwischen entwickelt sich ein dritter Umstand gegen uns. In Durban, Südafrika signalisiert ein Käufer, daß er die beiden dort angebotenen kaufen möchte. Der Eigentümer drängt auf meine Entscheidung. Ich stelle mit Deckungszusage der Versicherung, Hypothekbelastung meiner Wohnung und der Häuser der 2 weiteren Gesellschafter die Finanzierung auf die Beine. Vor einem halben Jahr hat unsere Hausbank umstrukturiert. Wir wurden einer neuen Filiale zugeordnet. Die haben natürlich keine Ahnung von meiner Art, Bankgeschäfte abzuwickeln. Viele unendlich mühsame Rückfragen und Mißverständnisse sind die Folge.Silvia, die in solchen Fällen immer meine Hilfe und die Rettung der körperlichen Gesundheit von Bankmitarbeitern ist, ist in Zwartberg und betreut dort den Boogie. Letztendlich wird der Letter of Credit dann doch noch nach Südafrika geschickt, um dort unsere wirkliche Kaufabsicht zu manifestieren. Meine Logik sagt mir, daß der Flieger zugelassen werden müßte. Ich buche bei Lentia Touristik in Linz, unserem Reisebüro seit 20 Jahren die Tickets nach Durban. Dort ist Herr Hasengruber schon einiges von mir gewohnt. Eine Zusammenarbeit mit ihm kann Ich jedem nur empfehlen. Letztendlich in fast zwei Wochen wird er nach x Stornos, Umbuchungen, Neubuchungen und Ticketrücknahmen aufgeatmet haben, als wir endlich in dem Austrian Airbus nach Johannesburg sitzen. Am ersten Montag des Wald4telboogies ist uns das Wetter hold. Von Mühldorf erhalten wir den Anruf, daß alles für die Lärmmessung vorbereitet sei. Dieter und ich setzen uns in die Luxemburger Skyvan, fliegen dort die Messung und siehe da, das Projekt bekommt einen Aufschwung. Die Werte sind um einiges besser als gefordert. Herr Pappenberger von Hoffmann verspricht, noch heute das Protokoll an die Austro Control zu schicken, was auch passiert. Eine Unstimmigkeit wegen eines Tippfehlers ist schnell ausgeräumt, das Protokoll wird anerkannt, Die Skyvan kann zugelassen werden. Glaubt man. Da ist noch das Problem mit der Variant 100 oder 200. Der Certification-Mann macht mir klar, daß "unsere" so nicht zugelassen werden kann. Mittlerweile ist Mittwoch früh, der Tag an dem - einmal pro Woche der Flug nach Johannesburg geht. Ich ruf den Hasengruber an, sage bei ihm, er soll alle Flüge stornieren, ich scheiß drauf. Pink Skyvan war 10 Jahre, das soll offensichtlich genug sein.

Der letzte Versuch

Silvia sieht das anders. Sie versucht unseren Bauprüfer, Josef Eisnecker, der die Pink vor 10 Jahren in Singapur zugelassen hatte und sie seither beaufsichtigt, zu erreichen. Der sitzt mit dem Abteilungsleiter im Flugzeug nach Graz. Sie ruft die Flugsicherung an und läßt ihm ausrichten, wir bitten um seinen Rückruf. Ich schildere ihm die Situation, und daß meine Kaufoption heute ausläuft. Aber ich habe die Tickets eh schon storniert. Josef ist die Pink mittlerweile ans Herz gewachsen, und er meint, daß man diese Idee nicht durch ein fehlendes Papier oder durch Umstrukturierung im Amt sterben lassen sollte. Nach einigen Telefonaten ruft er noch einmal an und meint, ich soll mich in den Flieger setzen und die neue Pink einmal begutachten. Irgendwie werden wir das mit der Zulassung schon hinkriegen. Mittwoch 14:00 Uhr, ich bin noch im Wald4tel in der Sprungkombi. Silvia schickt mich nach Durban. Mittwoch 18:45, der Airbus hebt in Wien mit unserem Techniker Franz Scholz, Ferrypilot Alex Linke und mir Richtung Johannesburg ab. Wie die beiden es geschafft haben, in diesen paar Stunden Urlaub für unbestimmte Zeit zu bekommen, ist mir genauso ein Rätsel wie Hasengruber dann doch noch sogar sehr billige Tickets im komplett vollen Airbus bekommen konnte. Nach ein paar Bieren sind das alles keine Probleme mehr. Das Gesprächsthema im Flug wandert mehr zu den angenehmen Seiten des Lebens.Man spricht über Gott und die Welt, über Frauen und Flugzeuge. Zwischen Wien und Johannesburg ist keine Zeitverschiebung. Nach dem späten Abendessen finden wir doch ein paar Stunden Schlaf im - wie gesagt vollbesetzten - Airbus. In der früh, mit einer sanften Landung, wie man sie sonst nur von der Pink gewohnt ist, setzt der Airbus in Johannesburg auf. Von hier nach Durban ist ein Pendelverkehr eingerichtet, wir brauchen nicht auf unseren gebuchten Flieger in zwei Stunden zu warten, sondern finden gleich noch einen Platz im nächsten Load.

Durban liegt an der Ostküste Südafrikas. Wir fliegen Richtung Norden den Flugplatz an und erkennen schon beim Aufsetzen aus wolkenlosem blauen Himmel eine schneeweiße Skyvan vor dem Hangar der Executive Aerospace. Obwohl Durban schon beim Anflug wie eine sehr große Stadt auf uns wirkt - tatsächlich wohnen dort rund 1 Million Menschen - ist das Flughafenhauptgebäude klein, übersichtlich und wir finden auf Anhieb unsere Kontaktperson Sesil Francis. Er wird uns die nächsten zwei Wochen alle Wünsche von den Augen ablesen und fast alle erfüllen.

Das erste Unglück naht schon vor dem Abfertigungsgebäude: Alex steht am Straßenrand, schaut, wie er es in der Kinderschule gelernt hat, nach links, steigt auf die Straße, und nur durch ein scharfes Bremsmanöver eines auf der linken Seite fahrenden Südafrikaners werden die Blutspritzer auf der Windschutzscheibe verhindert. Dieser Vorfall erinnert mich an Singapur vor 10 Jahren, wo es alle von uns immer wieder überraschte, wenn die linksfahrenden Autos beim Straßenüberqueren von rechts daher kamen.

Nur wenige 100 Meter in Sesils Auto, und wir werden bei Executive Aerospace im VIP-Hangar zu Tee und einem Imbiß geladen. Ob wir uns erholen wollen, diese Frage wurde von Franz im Ansatz abgewürgt: er möchte das Flugzeug sehen.Auf "No Problem" läßt er seinen Tee stehen, zückt Schraubenzieher, öffnet ein paar Inspektionsdeckel, kratzt am Lack und fragt nach dem zweiten Flugzeug.

Kevin Cameron, der technische Leiter von Executive Aerospace, kann ob so einer Arbeitswut nach 16 Stunden Flug nicht einmal mehr den Kopf schütteln. Er weist stumm in den Hangar, in dem die zweite steht. Dort beginnt Franz das selbe Spiel. Nach einer halbstündigen flüchtigen Inspektion besinnt er sich seiner menschlichen Bedürfnisse und ruft nach Bier. Das ist das Stichwort für Alex, um darauf zu drängen, daß uns unsere Schlafmöglichkeit gezeigt wird. Debbie, Sesils Assitentin und Sekretärin hatte für uns am Strand in einem ausgezeichneten Hotel ca. ½ Autostunde vom Flugplatz entfernt, Zimmer gebucht. Sesil führt uns mit seinem Auto zu diesem Hotel, das abendliche Treiben im Stadtzentrum von Durban ähnelt dem von London. Überrascht stelle ich fest, daß Schwarze und Weiße normal und friedlich nebeneinander im selben Bus fahren und in Restaurants an einem Tisch sitzen. Auf meine Frage meint Sesil, daß dies an der Ostküste auch früher fast immer schon so war. Die Rassentrennung fand eher in Pretoria, Johannesburg und Kapstadt statt. Im Hotel gibt es ein Steakhouse. Wir verabschieden uns von Sesil und verspeisen das erste von vielen Stücken ausgezeichneten südafrikanischen Rind.

Die Lagebesprechung bei diesem Abendessen ergibt, daß beide Flieger in einem ganz guten Zustand sind und sicher auch innerhalb von ein paar Tagen für den 35 Stunden langen Ferryflug abflugbereit nach Hause sein können. Mit der Feststellung, daß man sich an die Leute, die Steaks, das Bier, den Rotwein und das Klima hier gewöhnen könne, finden wir in unsere Betten.

Am nächsten Morgen, wieder mit blauem Himmel, fast kitschigem Sonnenaufgang aus dem Meer und Morgentemperaturen von 20 Grad, frühstücken wir im Hotelrestaurant vom Feinsten. Wie vereinbart holt uns Sesil ab und bringt uns zum Flugplatz. Wir kommen zum Schluß, daß es wahrscheinlich für alle Beteiligten angenehmer wäre, nicht von einander abhängig zu sein, und nehmen uns am Flughafen einen Mietwagen für den Rest der Zeit. Nachdem Franz und ich noch einmal die kritischen Punkte der beiden Flieger inspiziert haben, erkennen wir, daß eigentlich beide kaufbar sind.

Die ZS-MJP hat auf den Triebwerken nur mehr 400 Stunden, bis sie zur Überholung fällig sind. Die ZS-MJS hat etwas mehr Stunden am Flugwerk, aber mit 3- bzw. 4000 offenen Stunden auf den Triebwerken schlicht und einfach mehr offene Zeit bis zur nächsten Wartung.

Nachdem wir bereits zu Hause eine Vorentscheidung getroffen hatten, eher auf die MJP zu zielen, da ja von der alten Pink die zwei Triebwerke unbeschädigt und auch noch relativ jung sind, und nach der Inspektion eigentlich nichts gegen den Kauf sprach, teile ich Sesil unsere Kaufentscheidung mit, vorbehaltlich akzeptabler Logbucheintragungen und Durchführung aller verpflichtenden Servicebulletins. Bis Kevin, der ja noch immer verantwortlicher Technike für das noch Südafrikanisch registrierte Flugzeug ist, den Flieger Startklar gemacht hat, beginnen wir mit der ersten Sichtung der Logbücher. Dieses Graben in Papier trübt nicht nur die Geister und Sinne, sondern offensichtlich auch das Wetter. Kaum einen halben Tag im Papierkammerl, beginnt es draußen auch schon zu regnen.

Inzwischen hat Kevin mit seinen Leuten die Inspektionsdeckeln wieder zugeschraubt und ist mit den Checks am Flugzeug soweit fertig, daß er ein "Ready for Flight"-Certificate ausstellt. Diesen Flug brauchen wir einerseits, um das Export- Lufttüchtigkeiszeugnis zu bekommen, und außerdem möchte ich vor dem endgültigem Kaufentscheid wissen, ab der Flieger auch fliegt. Dann beginnt das Warten auf besseres Wetter. Der Papierkram kann vor dem Flug nicht erledigt werden, Der Flug sollte bei halbwegs vernünftigen Sichtflugwetterbedingungen durchgeführt werden. Das Anflugradar in Durban ist ausgefallen, was eine weitere Verzögerung mit sich bringt. Am Abend erfahren wir im Fernsehen, daß der mittlerweile Landregen bei uns noch Schönwetter ist, die Autobahn nach Johannesburg ist wegen Schneefall gesperrt, In Johannesburg steht der Flugverkehr zeitweise, da die Pisten trotz intensivster Räumung nicht Schneefrei gehalten werden können.

Am nächsten Tag verlagert sich der Grund der Wartens vom Wetter auf zu viel Verkehr in Durban, da gestern eben viele Durban als Ausweichflugplatz benutz haben. Mittags ist es dann soweit. Als Checkpilot wird uns ein ergrauter Kapitän vorgestellt, der tausende Male in der Nacht Durban - Johannesburg Fracht geflogen ist, aber in den letzten zwei Jahren nur mehr wenige Skyvan-Starts absolviert hat.. Nachdem geklärt wurde, daß ich einige mehr hatte, bietet er mir für den Checkflug den linken Sitz an. Nachdem Punkt für Punkt der Checkliste vor dem Triebwerksanlassen abgehandelt wurde, gelingt es mir durch Tat, ihn zu überzeugen, daß nach 1000 Landungen pro Jahr man so ein Flugzeug auch ohne Checkliste in die Luft bringt. Es folgt ein 20-minütiger Flug um Durban, bei dem wir das letzte Mal für längere Zeit den blauen Himmel sehen sollten.

Technisch gesehen zeigten sich nur einige Detailprobleme, die aber sicherlich innerhalb eines Tages behoben werden können. Im Großen und Ganzen gesehen zeigen alle Zeiger in die richtige Richtung. Die Skyvan landet sich übrigens auf der Südhalbkugel unserer Erde genau so gut wie in heimischen Gefilden.

Sesil gratuliert zu einem guten Kauf, köpft eine Flasche Champagner, aber noch bevor diese geleert ist, zieht mich Franz in das Archiv von Kevin, und meint, ich solle lieber checken, ob die Papiere so sind, daß unser Bundesamts-Josef Eisnecker den Flieger auch zulassen kann, anstatt am hellichten Tag zu saufen. Also nehme ich Franz bei der Hand und wir beginnen, uns intensiver durch Logbücher von Triebwerk, Propeller und Zelle zu ackern. Zu checken ist, ob alle vorgeschriebenen Modifikationen durchgeführt wurden, ob alle Ablaufteile zeitgerecht überholt wurden, ob die Wartungen nach dem Wartungsplan durchgeführt und auch eingetragen wurden, und ob die Aufzeichnungen vollständig und durchlaufend geführt wurden.

Parallel dazu kümmert sich Sesil darum, daß ein Export-Lufttüchtigkeitszeugnis ausgestellt wird, der Flieger in Südafrika vom Register gelöscht wird und diese Papiere auf dem Amtsweg nach Wien kommen, damit wir einen Eintragungsschein und eine Bewilligung zur Überstellung des Flugzeuges nach Österreich von der österreichischen Luftfahrtbehörde ausgestellt bekommen.

Autos, die das Lenkrad rechts haben, haben so ihre Tücken. An das Schalten mit der linken Hand gewöhnt man sich schnell. Auch das Linksfahren kommt einem nach kurzer Zeit nicht mehr so fremd vor. Lediglich beim Verlassen des Kreisverkehrs bringen mich meine zwei Mitfahrer mit lauter, bestimmter Stimme immer wieder auf die "richtige" Straßenseite. Unerlernbar für mich ist eigentlich nur, daß der Blinker rechts und der Scheibenwischer links zu betätigen sind. Im Regen ist das bei Rechtskurven kein besonderes Problem, bei Linkskurven schalte ich immer wieder den Scheibenwischer aus und dafür den rechten Blinker ein. Franz und Alex beschließen, daß, wenn wir zu dritt im Auto sind, ich als Chef chauffiert werde, Franz als Dienstältester das Recht auf Bier hat, und Alex in Zukunft nüchtern das Auto zu fahren hat.

Auch Alex sitzt nicht untätig herum. Er quartiert sich im Büro gleich neben Debbie ein und beginnt, den Ferryflug über Mozambique, Tansania, Kenia, Äthiopien, Djibouti, Saudi Arabien, Ägypten und Griechenland nach Wien vorzubereiten. Benötigt werden Überflugfreigaben, die Gewißheit, daß es auf den Plätzen auch Kerosin gibt, und Landegenehmigungen. Die große Frage, die er an uns richtet, ist: Wann werden wir fliegen?

Überflugs- und Landegenehmigungen werden nämlich nur für jeweils einen Tag ausgestellt; verschiebt sich der Flug, muß eine neue angesucht werden. Und diese zu bekommen, dauert wieder drei Werktage. Die Antwort auf diese Frage ist nur von der Geschwindigkeit abhängig, mit welcher die Zulassungsämter untereinander kommunizieren. Ich bin Optimist und meine, am nächsten Montag werden wir fliegen, Franz sagt, er sei seit 33 Jahren Beamter und ist überzeugt davon, daß wir am Montag sicher noch nicht alle benötigten Papier hätten. Also versuchen wir es für Mittwoch früh.

Nach einem weiteren Tag im Papierkammerl hat der Regen zu einer Sturzflut zugenommen und wir die Papiere als ausreichend für eine österreichische Zulassung angesehen. Wir wollten die Zeit nützen und gleich einige Reparaturen und Wartungsarbeiten am Flugzeug durchführen, da ja der Flieger seit zwei Jahren nicht mehr geflogen worden ist.

Als sehr angenehm erweist sich der Umstand, daß unser Ersatzteillager - die zweite Skyvan - sich unmittelbar neben unserer Maschine befindet und Kevin auch sehr einsichtig ist, daß für einen 35-Stunden-Ferryflug über Steppe, Wüste und Mittelmeer das Flugzeug in Ordnung sein müßte. Jedes Teil, das aus "der Anderen" ausgebaut wird, kommt auf die Bestelliste - für "die Andere". Während Franz sich immer tiefer in die Eingeweide unserer - jetzt schon mit OE-FDF gekennzeichneten - neuen Pink vorarbeitet, Drücke kontrolliert, Seilspannungen einstellt, Sicherungsstifte checkt, schmiert und was weiß ich was noch alles tut, mache ich mich, in mittlerweile strömendstem Regen, auf die Socken, um Fässer, Pumpen, Schläuche usw. für die geplanten 2000 l Zusatzsprit für den Überflug zu besorgen und einzubauen. Die Techniker von Executive Aerospace stehen uns mit Rat, wo etwas zu bekommen sei, und Tat zur Seite.

Die wöchentliche Normalarbeitszeit für sie ist 60 Wochenstunden, wenn Überstunden anfallen, werden diese ohne Diskussion abgearbeitet. Jeder weiße Techniker hat zwei schwarze Assistenten mehr oder weniger immer um sich. Es ist faszinierend, wie sich so ein Team im Laufe der Jahre eingespielt hat. In Südafrika spricht man Afrikaans, das sich im ersten Moment wie Holländisch anhört, und bei aufmerksamem Zuhören auch für Deutschsprechende zumindest im Groben verständlich ist. Auch wir kommen auf 12 Arbeitsstunden pro Tag. Es ist eine Freude zu sehen, wie ein Punkt nach dem anderen von unserer internen Beanstandungsliste abgehakt werden kann.

Franz und Alex gehen einkaufen. Essen und Trinken für 3 Tage Überflug muß besorgt werden. Die beiden Hausmänner im Supermarkt sorgen füer Unterhaltung der einheimischen Hausfrauen. Eine freundliche ältere Frau verhindert den Einkauf von rohem Fleisch durch Alex, das wir mit 2000 l Kerosin in der Kabine dort sicher nicht abgebraten hätten.

Größere und kleinere, positive und negative Überraschungen liegen in der Natur der Sache. Eine Überraschung für mich, die meinen Adrenalinspiegel zackig deutlich angehoben hat, war das Umfallen eines 8 m hohen Gerüstes vor dem Hangar. Dort wo es hinfiel stand 10 Minuten vorher noch unsere Skyvan, allerdings eh gut versichert. Da Flugzeuge, wie man weiß, leicht und aus Aluminium gebaut sind, hätte dieses Gerüst locker eine Tragfläche aus der Verankerung gerissen. Autos sind hier schon massiver gebaut. Das Auto, in dem ich saß, hatte lediglich eine 20 cm tiefe Delle im Dach, die Konstruktion hielt dem Aufprall so stand, daß die Tapezierung kurz vor meinem edlen Haupt anhielt. Die Leute, die nach diesem Kracher aus dem Hangar liefen, hatten aber auch innerhalb kurzer Zeit dieselbe Gesichtsfarbe wie ich, als ich aus dem Auto ausstieg.

Der strömendste Regen verstärkt sich von Stunde zu Stunde, wir stehen immer wieder Faßungslos vor dem Hangartor und können uns nicht vorstellen, wie so viel Wasser von dort oben kommen kann. Auf der Wiese zwischen den Rollwegen fließt das Wasser inzwischen 5 cm hoch in die Drainagegräben.

Alex versteht sich mit seiner Bürokollegin Debbie sehr gut, auch die Überflugsgenehmigungen tröpfeln schön langsam aus dem Fax. Sesil urgiert bei südafrikanischen Ämtern, ich bei österreichischen. Am Dienstag, einen Tag vor dem geplanten Abflug, haben wir dann tatsächlich alle erforderlichen Flugzeugpapiere und Überflugsgenehmigungen bis Djibouti in Händen. An dieser Stelle ein Danke an die Abteilung 6 unserer Austro control für die wirklich zügige Arbeit. An diesem letzten Abend folgen wir gerne einer Einladung, die uns in ein wirklich gutes Restaurant mit allen beteiligten Mitarbeitern der Executive Aerospace zu einem vorzüglichen Abendessen bringt.

Mittwoch früh, der Regen hat auf die Stärke eines Wolkenbruches nachgelassen, fahren wir mit dem Taxi zum Flugplatz. Der Flugplan ist aufgegeben, die Maschine ist vollgetankt, die Funktion der Ferry-Spritanlage - 10 Fässer - ist im Prinzip beim Triebwerksbodenlauf getestet, das Wetter soll nach einer Flugstunde besser werden, wir sind bereit.

Ein herzliches Dankeschön und ein freundschaftlicher Abschied, noch zur Zoll- und Paßabfertigung, und ab die Post! Alex schert sich um das Fliegen, Franz um die Technik, ich komme mir wie im Urlaub vor. Doch den Funk darf ich machen. "Durban-Tower, good morning, OE-FDF is ready for start up." Easy game, die Controller sind genauso freundlich wie alle anderen, die wir in Südafrika kennengelernt haben. 15 Minuten später als geplant setzt Alex Startleistung, siehe da, die Skyvan fliegt sogar mit 2000 l zusätzlichem Sprit und einem ganzen Satz Flugzeugzubehör im Bauch schon weit bevor die 1000 m geplanter Rollstrecke vorbei sind. Alle Instrumente zeigen dort hin, wo wir es uns wünschen, mit insgesamt 3000 l, einem vorhergesagt leichten Rückenwind müßten wir theoretisch bis Mombasa in 12 Stunden Flugzeit kommen.Ich sprech’s aus, wenn Alex’ Blicke töten könnten, hätte ich mein Gerüstabenteuer auch nicht überleben brauchen. Er hält sich zurück, lediglich ein "Du Trottel" kommt ihm aus.

Er hat die erste Strecke bis nach Dar es Salaam in Tansania geplant, das sind knapp 1400 nautische Meilen od. 2500 Km. Ohne Wind hätte das eine Flugzeit von ziemlich genau 10 Stunden ergeben. Mit 3000 l Sprit können wir je nach Triebwerksleistung und Spritverbrauch - der uns ja jetzt noch nicht bekant ist- zwischen 11 und 13 Stunden in der Luft bleiben. Als Ausweichflugplatz war Nampula in Mozambique geplant, an dem wir planmäßig 4 Stunden vor Erreichen von Dar es Salaam vorbeifliegen sollten. Der zweite Ausweichflugplatz war Zanzibar nur einen Katzensprung von 15 Minuten von Dar es Salaam entfernt. Mombasa war praktisch unerreichbar. – meint er.

Bevor ich mich also lange auf Diskussionen mit voraussehbar weiteren Beschimpfungen vermutlich in beide Richtungen einlasse, nehme ich vorerst Dar es Salaam als Zielflugplatz zur Kenntnis. Wir haben ja noch 10 Stunden Zeit in welchen ich ihn überreden oder er selbst draufkommen könnte.

Alex fliegt wie ein Uhrwerk. Nach den ersten 23 Minuten oder 43 Meilen erreichen wir unsere Reiseflughöhe von 9000 ft, knapp 3000 m, Alex fliegt wie ein Uhrwerk um Punkt 8 Uhr, 35 Min. nach dem Start sind wir über dem ersten Funkfeuer Eshowe. Das GPS zeigt uns eine Geschw. über Grund von knapp 160 Knoten, die Flugplanung sah 145 vor. Wir fliegen noch immer mit den Haupttanks, auch der Spritverbrauch läuft planmässig.

Wir sind noch immer über Südafrika, unter uns Regenwolken, über uns eine dünne Wolkenschicht durch die manchmal die Sonne scheint. Ich schlage Alex vor, den Echtbetrieb mit unseren 10 Spritfässern hinten in der Kabine aufzunehmen. Noch einmal besprechen wir die Reihenfolge der Tankumschaltungen und das ein- und ausschalten der 4 elektrischen Spritpumpen. Der erste Versuch wird gestartet und siehe da, auch noch 5 Minuten nachdem wir alles offensichtlich richtig gemacht hatten, laufen die beiden Turbinen ohne die geringste Unregelmäßigkeit. Das Spritumschalten haben wir somit vorerst im Griff.

Als nächstes bekommen wir das Wetter in den Griff. Die Wolkendecke unter uns bricht auf, die dünne Wolkenschicht über uns ist nicht mehr. Alex fliegt wie ein Uhrwerk. Der Kurs von 37 Grad liegt +/- 0.2 Grad an. Die Höhe stimmt auf den cm genau. Still und heimlich schreibe ich die Richtung und Entfernung von Dar es-Salaam weiter bis nach Mombasa auf unsere Flugvorbereitung. Er registriert das mit einem kritischen Seitenblick, schaltet die Intercomanlage ein, und während er Luft holt komme ich ihm mit der Frage zuvor ob er am GPS schon gesehen hat, daß wir 20 Knoten Rückenwind haben. Sein Mund arbeitet schneller als das Hirn und ihm entkommt wieder eine unqualifizierte Bemerkung über meine Aufzeichnungen. Ich erspare mir jeden Kommentar - wir haben ja noch 9 Stunden Zeit.

Die für den Ferryflug eingebaute Tankanlage funktioniert -vereinfacht dargestellt- so: Aus 2 Fässern wird über ein Tauchrohr der Treibstoff mit 2 Pumpen zu einer Einspeisleitung in das im Flugzeug fix installierte Hauptsystem geführt. Wir haben uns entschlossen, wenn dieses funktioniert, es dabei zu belassen und mit einer Handflügelpumpe von den anderen 8 Fässern in die 2 schon angeschlossenen umzupumpen. Franz pumpt.

Inzwischen nähern wir uns dem Meldepunkt Putna, der Grenze zwischen Südafrika und Mozambiqü. Die Flugverkehrskontroller in Mozambiqü sind genauso freundlich wie die in Südafrika und die Flugstreckenfreigabe für die nächsten 6 Stunde durch ihr Land bis zur Grenze nach Tanzania wird sofort erteilt.

Ich verlasse den Copiloten Sitz um mit Franz unser für den Ferryflug eingebautes Treibstoffsystem zu inspizieren. Eine kleine Undichtheit bei einem Schlauchanschluss ist schnell behoben. Allerdings stellen wir fest, daß die beiden zusätzlich eingebauten Pumpen nicht die gleiche Menge fördern. Dies zeigt sich durch Druckschläge in der Zuleitung zum Spritsystem. Schnell sind wir uns einig, daß eine Pumpe alleine es ohne weiteres schaffen müßte beide Triebwerke zu versorgen. Ich informiere Alex über den geplanten Umbau, wir schalten auf das Hauptsystem.

Die Schlauchanschlüsse sind schnell umgesteckt. Irgendwo rinnen 10 Liter Sprit aus was uns nicht sonderlich auffällt, weil durch Franzens Umpumperei eh schon mehr Verluste passiert waren. Das modifizierte System ist schnell getestet und zum Einsatz bereit. Vorerst wollen wir nur das linke Triebwerk vom Ferrytank speisen, was auch einwandfrei funktioniert, beim Umschalten des rechten Triebwerks auf die Ferryanlage stellt sich heraus, dass unsere Annahme dass eine Pumpe alleine stark genug ist, richtig ist. Die Triebwerke laufen, Franz pumpt, Alex fliegt wie ein Uhrwerk, ich überlege mir nun kurz ob jetzt die Zeit ist, mit Alex die Mombassa Diskussion zu beginnen, ist sie aber nicht.... wir haben ja noch 7 Std. 20 Min. Zeit.

In Mozambiqü steht offensichtlich überall dort wo es Strom gibt, ein Funkfeuer. 30 Flugminuten nach Maputo, der südlichsten größeren Stadt von Mozambique findet sich das nächste namens Limpopo. Aufgrund des Funkverkehrs stellen wir fest, daß wir wahrscheinlich der einzige Flieger in dieser Gegend sind. Nach Limpopo sind es dann 300 Meilen oder 560 Km bis Beira. Diese 2 Flugstunden führen über Savanne, Steppe und dann weiter im Norden etwas Urwald. Weit und breit weder Straße noch Siedlung, Bahn oder sonstige Hinweise auf Zivilisation. Franz Pumpt, Alex fliegt wie ein Uhrwerk, wird aber unrund, weil es im Flugzeug bereits ziemlich stechend nach Kerosin duftet. Beira zeigt sich endlich wieder als ein wenig Zivilisation. Von hier aus sind es noch 5 Stunden bis zu Alex’s ersten geplanten Zwischenstop. Zeit mit der Mombasa Diskussion zu beginnen. Das beste Argument ist wahrscheinlich eine genaue Spritrechnung -die den günstigen Wind einbezieht- denk ich mir. Lewetz rechnet, und kommt drauf, daß aufgrund der Anzeigen die Triebwerke bisher 200 liter weniger verbraucht haben als wir weniger Sprit haben. Wo sind die 200 Liter? Ich gehe in die Offensive und eröffne Alex eine schlüssige Rechnung, wonach uns 200 liter Sprit fehlen, wir aber mit dem vorhandenen trotzdem easy nach Mombasa und von dort im Falle des Falles wieder zurück nach Zanzibar (zwar nur knapp) kommen können. Die Rechnung ist so eindeutig, daß sogar Alex auf sachliche Argumente verzichtet und nur mit Schimpfwörtern argumentiert. Mein erster Schritt Richtung Mombasa. Ich lenke die Diskussion in Richtung fehlender 200 liter während Franz pumpt. Vielleicht sind diese 200 Liter jene "Verluste", die Franz beim umpumpen "passiert" sind? Durch Augenschein nach hinten -Franz wechselt gerade seine Handflügelpumpe in das nächste Faß- wird diese Möglichkeit immer möglicher. Wir schätzen die soeben gesehenen "Verluste" auf 10 Liter....nach Überlegung und Brainstorming erscheint uns der Schluß angebracht bei den letzten Fässern trainiert hat und die Verluste bei den ersten Fässern daher größer gewesen sein dürften.

Meine Taktik geht auf. Alex hat ein neues Feindbild und arbeitet nicht weiter an seiner Argumentation gegen Mombasa sondern schimpft lauthals auf Franz. Franz schläft in der 2. Reihe, wenn er nicht gerade pumpt und meldet regelmäßig den verbleibenden Sprit in der Kabine (er meint den in den Fässern, über den am Boden hat er keine genaueren Angaben). In unseren Haupttanks haben wir jedenfalls noch immer Sprit für 3 Stunden.

1 Flugstunde vor Dar es-Salaam raffe ich mich zu einer direkten Offensive auf. Unsere Position steht durch das GPS eindeutig fest, was immer Franz dort hinten an Sprit noch -oder nicht mehr- hat, wir haben noch 3 Stunden in den Haupttanks.

Dar es-Salaam liegt eine Stunde vor uns, nach Mombasa sind es weitere 73 Minuten. Alex beginnt seine Sätze nicht mehr mit "nein", sondern nur mehr mit "aber". Für mich ein weiterer Fortschritt, ich habe ja noch eine Stunde Zeit. Franz meldet von hinten, noch 400 liter (1 ½ Stunden) vorhanden und pumpt. Jetzt ist meine Zeit gekommen. Mit einer absoluten Selbstverständlichkeit und Überzeugung teile ich nun am Funk dem Air Traffic Controller mit, daß unser neuer Zeilflugplatz Mombasa und nicht mehr Dar es-Salaam ist. In der Abenddämmerung -es ist mittlerweile knapp vor 18 Uhr- erkenne ich an Alex’s Gesichtszügen nur mehr Resignation. Seit 10 Stunden ist ihm fliegerisch nicht der geringste Fehler anzulasten, Richtung und Höhe stimmen. Auf meine häufigen Fragen -besser, Wünsche- "soll ich nicht ein Stück fliegen?" bekomme ich seit Stunden als Antwort immer "Kein Problem, geht schon". Die Gegenwehr hat sich auf Null reduziert.

Ein Wettercheck sagt uns für Dar es-Salaam, Zanzibar und Mombasa bestes Wetter vorhanden und voraus. Inzwischen ist es finster. Unter uns die Grossstadt Dar es-Salaam und bei sternklarer Nacht 70 km vor uns die Insel Zanzibar mit der gleichnamigen Hauptstadt deren Flugplatz wir schon von hier aus erkennen können. Franz kommt mit der Meldung, das letzte Faß sei leer, wir schalten auf unser Hauptsystem und haben noch 50 Minuten nach Mombasa.

Wir verlassen die Insel Zanzibar, fliegen über den Indischen Ozean, links sind die Lichter von Tanga. Der Meldepunkt Uvuku bringt uns Funkverbindung mit Mombasa aproach, 50 km vor der hell erleuchteten Stadt bekommen wir schon ein cleared to land. Alex fliegt wie ein Uhrwerk, Franz pumpt nicht mehr. Ich denke mir, erhöhte Aufmerksamkeit bei Alex’s Landung nach 11 Stunden 30 Flugzeit ist angebracht....aber er setzt die neue Pink routiniert und gekonnt wie ein Uhrwerk mit den Rädern nach unten (lieber wäre es ihm sicher in Dar es-Salaam gewesen) auf.

Groundhandling, Tankwart und alle anderen sprechen hier perfekt deutsch, wir werden bedient wie Gott in Frankreich, nachdem wir uns als Österreicher zu erkennen gegeben haben. Der Fahrer unseres Busses erklärt uns, daß vom November bis April Kenya fest in deutscher Hand ist, in Mombasa sind in dieser Zeit mehr Deutsche als Inländer....daher das gute Deutsch. US$ als Zahlungsmittel werden kopfschüttelnd akzeptiert...DM ist man hier eher gewohnt.

Nach Zoll-und Passabfertigung die unkompliziert und schnell abgewickelt werden, setzen wir uns in ein Taxi -auch der Taxifahrer spricht deutsch- und geben als Fahrtziel "ein Hotel" an. Auf die Frage welches, sage ich das näheste. Franz und Alex überstimmen mich aber mit "das Beste". Mein Argumen dass ich nach 11:30 Stunden nicht noch stundenlang im Taxi fahren möchte, würgt Alex damit ab, dass wir jetzt in Mombasa und nicht in Dar es-Salaam sind. Ich geniesse den Eindruck der fremden Stadt durch die wir noch eine gute Stunde fahren und freü mich auf das Bier im besten Hotel. Es ist wirklich das beste Hotel, aber da nebensaison, trotzdem christliche Preise. Aus dem Bier werden zwei oder drei...gegen Mitternacht falle ich erschöpft in mein Bett nicht ohne vorher das Meeresrauschen als sehr angenehme akustische Kulisse zu geniessen.

Nach üppigem Frühstück um 8 Uhr beginne ich die Taxifahrt zu geniessen. Wir fahren durch Hotelviertel, Altstadt und einen Teil der Stadt wo die Eingeborenen wohnen und ihren Markttag gerade abhalten in Richtung Flugplatz. Ich interessiere mich für das Treiben am Markt und die durch Menschen gezogenen Wägen in denen Früchte, Gemüse und Fleisch zum Markt transportiert werden. Hunderte von Fussgängern stehen im Gegensatz zu den selten gesehenen Autos. Die schwarzen Menschen dort erscheinen glücklich und zufrieden.

Franz nimmt die Situation zur Kenntnis, am Flugplatz angekommen ist Alex ob der einfach gekleideten, blossfüssigen, mit menschenkraft arbeitenden Eingeborenen in der Stadt berührt, um nicht deprimiert zu sagen.

Am Flugplatz wieder freundlich behandelt geben wir unseren Flugplan auf. Beim "wohin" scheiden sich unsere Geister. Alex denkt an Dire Dawa, ich ziele auf eine Flugstunde weiter auf Djibouti. Nachdem wir gestern 11:30 Stunden in der Luft waren, meine ich dass 7 Stunden nach Djibouti nicht zuviel sind. Alex resigniert, setzt sich auf den Pilotensitz, startet die Triebwerke, drückt mir Flugplatzkarten in die Hand und fragt mich, wohin?

Mombasa ist kein sonderlich grosser Flugplatz mit nur einer Piste. Wissend sage ich ihm, die zweite links und nach 1500 m wieder rechts. Bereits kurz nach der zweiten links erklärt uns der freundliche Flugverkehrscontroller -auf deutsch- dass wir uns beim Rollen verirrt haben und weist uns den Weg. Am Zucken seines rechten Mundwinkels erkenne ich, dass Alex gedanklich bereits Argumente betreffend Zielflugplatz in einen Satz zu formulieren versucht. mit einem schhnellen "ready for take off" und dem hochfahren der Drehzahl verlieren sich seine Gedanken und wir heben Richtung Nordosten zu dem zweiten Abschnitt unseres Überstellungsfluges ab.

Am vorigen Abend hatten wir bei peinlich genaür Nachrechnung festgestellt, dass 227 Liter beim umpumpen und Spritpumpenumbau als "Verlust" auszubuchen waren. Für mich kein besonderes Problem, da in Afrika Kerosin sehr billig ist. Alex führte aber das Geruchsbelästigungsargument an und nötigte uns zwei Techniker, eine bessere Lösung zu finden. Wir kamen zu dem Schluss, dass wir statt in das angeschlossene Faß umzupumpen ab sofort das Tauchrohr einfach in das nächste volle Faß wechseln. Somit ist Franz seinen Pumpjob los, Alex hat keine Geruchsbelästigung mehr im Flugzeug und ich erspare mir die Kosten von 200 od 300 litern Sprit die durch irgendwelche Ritzen oder die Heckklappe hinausrinnen.

Mit wieder insgesamt 3000 litern Sprit an Bord, erreichen wir nach 25 Minuten unsere Reiseflughöhe, noch 2:30 Stunden in Richtung 004 Grad nach Wajir, von dort 3:10 Stunden in Richtung 012 Grad nach Dire Dawa, das als unser Ausweichflugplatz fungiert und von dort weiter nach Djibouti 53 Minuten.

Alex fliegt wie ein Uhrwerk, Franz pumpt nicht mehr. Das Umschalten von den Haupttanks, die wir immer für Start und Landung benützen auf das erste ZusatzFaß ist easy game. Alles verläuft planmässig. 40 Minuten später, beschliesst Franz, der bisher in der zweiten Reihe mittlerweile regelmässig und zufrieden einen prüfenden Blick auf die beiden Triebwerke geworfen hat, vom ersten Faß das immer leerer wird auf das 2. umzuschalten. Die zusätzlich eingebaute Spritpumpe ist nur durch ihn ein- und auschaltbar. Franz zieht den Sicherungsautomaten -um die Pumpe nicht trockenlaufen zu lassen- und wechselt das Tauchrohr auf das 2. Faß.

Die Folge dieser Vorgangsweise ist technisch so beschrieben: beide Triebwerke bekommen wegen der ausgeschaltenen Pumpe und des Umwechselns keinen Treibstoff. Praktisch bemerkt man das am beidseitigen Triebwerksausfall und somit geringerem Lärm im Flugzeug. Alex fliegt nicht mehr wie ein Uhrwerk. Die Geschwindigkeit wird weniger, die Höhe wird unscharf.

Franz springt vom TreibstofFaß, schaltet die Spritpumpe ein und wirft prüfende Blicke auf die Triebwerke. Mittlerweile hat Alex schon die zwei Flugzeugeigenen Spritpumpen eingeschalten, auf die Haupttanks geschalten und ich die Zündung der beiden Turbinen aktiviert. Der Höhenverlust beträgt nur wenige Fuss, Alex fliegt wieder wie ein Uhrwerk.

Franzens nächstes Statement: laufen’s eh schoo wieda? wird mit einem ‘...ja, ja’ beantwortet. Alex fliegt, Franz und ich überlegen die nächsten Schritte der Spritschaltung. Im Gespräch mit Franz rege ich an, daß er uns beim umhängen auf das 3. Faß vorher informiert und wir zumindest ein Triebwerk auf den Haupttank schalten um Alex die Beibehaltung der Höhe zu erleichtern. Dieser Idee ist Franz nicht abgetan.

Äquator

Der Weg von Mombasa nach Djibouti stellt fliegerisch keine erhöhten Ansprüche. Nach 1:40 Stunden passieren wir den Äquator. Franz und ich waren bereits südlich des Äquators, für Alex ist es die erste Überqürung in Richtung Norden.

Homma an Sekt? fragt Franz, und beantwortet sich selbst, leider nein...aber... und die Idee kommt spontan, er könne ja Alex stattdessen anpinkeln, das sei genau so gut. Alex lehnt sofort vehement und garnicht dankend ab und droht mit sofortigem Aussteigen. Ich stehe auf und suche meinen Fotoapparat, diese Äquatortaufe sollte man wirklich festhalten. Während dieser Suche reichen Alex’s Argumente gegenüber Franz um diesen von seiner Pinkel-Idee abzuhalten. Fotoapparat finde ich eh keinen. Somit verläuft die Überqürung des Äquators eher ereignislos.

Den Wechsel auf das 3. Faß wollen wir über einem Flugplatz machen -just in case. Es ergibt sich, dass das nächste Funkfeür auf dem Flugplatz Wajir steht und im ersten Faß nur mehr ein kleiner Rest Treibstoff vorhanden ist. Das GPS zeigt Wajir im Sinkflug erreichbar und wir haben diesen Savannenflugplatz auch schon in Sicht. Bei diesem Versuch Faß zu wechselnd ist zwar noch immer erhöhter Adrenalinspiegel angesagt, aber ein richtiger Triebwerksausfall bleibt aus. Nur ein kurzer Huster durch eine Luftblase macht sich bemerkbar. Wir besprechen das Vorgehen, verbessern und diese geistige Betätigung zeigt später ihre Wirkung beim Wechsel auf Faß 3 bei gleichem Adrenalinspiegel aber ohne Huster.Alex fliegt wieder wie ein Uhrwerk.

Um ein Haar übersehen wir unsere erste Kurve nach rechts um 8 Grad, Fliegen über die Grenze von Kenya nach Äthiopien. Unsere Reiseflughöhe betrifft jetzt 11000 fuss od. 3000 m über dem Meer, das sind in dieser Gegend 400 bis 500 Meter über Grund. Das ist die sogenannte Hochebene von Äthiopien. Um Alex von gedanklichen Ausschweifungen abzuhalten unterhalten wir uns über die landschaftliche Struktur von Afrika, kommen zum Schluss dass hier irgendwo der Kilimanjaro sein muss, nachdem er aber durch augenschein nicht erkennbar ist befragen unsere Landkarte und stellen mit navigatorischem Scharfsinn fest, dass er bereits 600 meilen hinter uns liegt.

Franzl doziert stehend in der zweiten Reihe aus seinem Reiseführer. Die Eigeborenen sind schwarz, leben in runden Bambushütten die ihrerseits kreisförmit in Siedlungen angeordnet sind. Diese Siedlungen nennt man Krale. Ein -just in case- prüfender Blick auf die Erdoberfläche lässt uns erkennen, dass tatsächle runde Bambushütten in kreisförmigedn Siedlungen, sogenannten Kralen angeordnet sind. Die Vegetation wird Richtung norden immer dürftiger, Dire Dawa ist schon fast Wüste, ein grosser Militärflugplatz ist erkennbar und von dort ist es nur mehr eine Flugstunde nach Djibouti. Das Gelände unter uns wird flacher und geht nun in Wüste über. Mich selbst hat im Alter von 19 Jahren (lange her) bereits die Wüste der Halbisel Sinai fasziniert. Die Farbschattierungen dieser scheinbar leblosen Sandwüste beeindrucken mich aufs Neü. Kilometerbreite Täler in welchen während der Regenzeit unmengen von Wasser fliessen, wechseln sich mit von Wind geformten Dünen ab. Das Aussenthermometer Zeigt in 3000 meter, bevor wir den Sinkflug nach Djibouti beginnen, +15 Grad (C).

Nach über 2 Stunden ohne Funkverbindung nehmen wir Kontakt mit Djibouti Approach auf, sind dort das einzige Flugzeug am Himmel und werden auf die Piste 27 geführt. Der Anflug über das Meer Richtung Stadt gegen die Sonne ist sagenhaft. Im Gegenlicht erscheint die Stadt in allen Brauntönen ohne jegliches grüne Blatt erkennen zu lassen. Franz zitiert aus seinem Reiseführer: Djibouti ist die heisseste Stadt der Erde. Alex fliegt wie ein Uhrwerk, landet die Skyvan um 17 Uhr Ortszeit gekonnt und sanft in Djibouti. Im Ausrollen lese ich am Aussenthermometer + 43 Grad ab.

Somit war ich in meinem Leben bereits in Scheibbs und Nebraska, in Rawalpindi und Djibouti. Wahrscheinlich den vier meistgenannten jedoch entlegendsten Orden dieser Erde.

Nach auffinden der Parkposition -wir sind das einzige Flugzeug am Platz- öffnet Franz die Copiloten Tür, springt wie eine Gazelle auf die Abstellfläche und kommentiert die Temperatur mit einem "Paahhh!"

Den Entschluss, heute noch weiterzufliegen hatten wir bereits 2 Stunden vor Djibouti geFaßt. Das einzige zu lösende Problem war, dass wir keine Überfluggenehmigung über Eritrea hatten und die über Saudiarabien uns zwar zugesagt wurde, aber wir sie bis jetzt noch nicht in der Hand hatten. Für die die im Geographie gerade krank, gefehlt oder Kreide holen waren: Djibouti liegt an der Meeresenge zwischen dem Roten Meer und dem Indischen Ozean gegenüber dem südlichsten Ende von Saudiarabien. Auch Golf von Aden genannt. Über das rote Meer Richtung Heimat liegt links Eritrea und weiter im Norden Ägypten, rechts Saudi Arabien. Franzl’s Aufgabe ist den Flieger zu tanken und flugfähigem Zustand zu halten, Alex soll den Flugplan aufgeben -die Route war noch nicht ganz klar- und ich soll das Problem der Überflugsfreigaben lösen. Die Entscheidung fällt, dass wir über Saudi Arabien nach Ägypten fliegen.

Während die beiden am Vorfeld, bzw. am Turm ihre Aufgaben erledigen, muss ich in das Land Djibouti formal einreisen um dort nach Dachran, der Hauptstadt von Saudi Arabien, wegen der Ein- und Überflugfreigabe telefonieren zu dürfen . Die Bevölkerung von Djibouti verursacht bei mir einen offenen Mund, Sabber aus dem linken Mundwinkel fliessend. So viele schöne menschen....weibliche an einem Ort habe ich noch nie gesehen. Die Mischung aus Arabern und Afrikanern ergibt sich als die perfekte Kombination der Formen und Farben. Das Telefonat ist genauso erfreulich wie der Anblick der weiblichen Personen dort. Wir bekommen unsere Überflugfreigabennummer für Saudi Arabien ohne Probleme. Vielleicht sollten wir doch eine Nacht in Djibouti verbringen? aber die Überflugsfreigabe verfällt mit Mitternacht. Wieder nix.

Rollentausch. Ich war vor 6 Jahren mit meinen Kindern 2 Wochen Studienreise in Ägypten und habe das Land, die Leute und den optischen Eindruck dieses Grünstreiffens in der Wüste ausgiebig genossen. Für mich war klar, dass diese Überstellung über das Niltal führen muss. Und zwar bei Tag. Alex erklärt mir, bei mittlerweile nur mehr + 39 Grad dass er am Wochenende Dienst mit einer Militärporter irgendwo hat und dringend heim muss. Wir haben zu wenig Sprit bis Heraklion auf Kreta was 13 Stunden Flugzeit von uns entfernt wäre. Außerdem hat Heraklion in der Nacht geschlossen, daher ist nun Luxor in Ägypten unser nächstes Ziel. Wir starten in der Abenddämmerung Richtung Meer, für lächerliche geplante 8 Stunden haben wir 13 Stunden Sprit mit. Wie immer, fliegt Alex wie ein Uhrwerk. Ich navigiere wie bisher mittlerweile wie ein Uhrwerk.

Wir haben uns von Jeppesen einen Trip-Kit (alle Karten ohne updates) für Afrika gekauft. Wie ich registriere, ist Saudi Arabien nicht Afrika. Djibouti ist in der Karte A(H/L9) noch ziemlich in der Mitte, von dort gehts nach Norden Djeddah, gleich bei Mekka. Dort wo jedes Jahr einige Millionen von Moslems hinhaddschen. Djeddah liegt am obersten Kartenrand, die Luftstrasse W616 führt ein kurzes Stück durch die Karte A(H/L4), um sich dann eine unbekannte Anzahl von Meilen in einem Kartenlosen Raum weiter fortzusetzen, in diesem Raum ist vermutlich auch ein Eck auf dieser scheiß Luftstrasse, die sich dann auf der Karte (H/L2) nach Luxor fortsetzt. Wie immer, die Luftstrasse R775 mit einer Entfernung von rund 750 Meilen zwischen zwei Funkfeuern, bewältigen wir in 4:40 Stunden. Alex fliegt wie ein Uhrwerk. Der Flugverkehr hier ist bereits dichter, immer öfter hört man Flugzeuge am Funk, eine Flugstunde vor Djeddah haben wir den Eindruck, daß wir umringt von dichtestem Flugverkehr wie in Frankfurt zur Hauptbetriebszeit sind. Seit 3 Tagen sind nur sporadisch Wolken am Himmel, so auch hier. Die Beschreibung des Überflugs über Djeddah ist als eindrucksvoll deutlich untertrieben. Nur der Flughafen Djeddah hat mindestens die Ausmasse von der Stadt München, der Flugverkehr dort fast den Umfang von Mitteleuropa. Alex fliegt wie ein Uhrwerk, ich als Navigator habe 4 Karten aufgeschlagen, bin mir aber nicht immer sehr ganz sicher auf welcher wir uns wahrscheinlich befinden. Zurückhaltende Fragen nach "direct Luxor" beantwortet man uns Gott sei Dank mit headings - Steuerkursen - die wir fliegen sollen, somit ist freundlicherweise die Navigation nach nicht vorhandenen Karten nicht mehr all zu sehr nötig. 200 Meilen oder 1:30 Stunden nach Luxor versuchen wir mit dort Kontakt aufzunehmen, ein Learjet der soeben dort gestartet ist, übermittelt unsere Position und teilt uns mit "just head inbound".

Luxor ist bereits 100 km vor Erreichen in der Nacht erkennbar. Ausgedeutscht meint der Controller, der Flugplatz sei unserer, wir mögen landen woimmer und wannimmer wir wollen. Alex landet wie ein Uhrwerk um 01:15 Uhr, die Zollabfertigung gestaltet sich etwas Bürokratisch, langwierig aber problemlos, um 02:00 Uhr sitzen wir im Taxi ich gebe Order in das nächste Hotel, Franz und Alex überstimmen mich, und wollen in das beste. 70 Minuten Taxifahrt sind uns gewiß. 65 Minuten später habe ich bereits eine Stunde Schlaf hinter mir, wir sind im besten Hotel-Mövenpick, die Aussichten auf ein bombastisches Frühstück sind gut.

07:00 Uhr in der Früh, nach 3 Runden im Swimmingpool genieße ich das selbe F. 08:00 Uhr, Franz und Alex erscheinen, gebraucht von der gestrigen Taxifahrt, schlucken F. und ich geniesse 60 Minuten Siesta im Taxi zum Flugplatz.

Wieder stressfreie, aber zeitraubende Ausreise. Als einziges Flugzeug am Flugplatz starten wir um 09:25 Uhr Ortszeit. Die nächsten 4 Stunden sind in meinen 2800 Flugstunden die eindrucksvollsten überhaupt. Der Flugplatz Luxor liegt in der gelben Wüste, das tiefgrüne Niltal mit seinen scharfen Grenzen zum Sand hebt sich deutlich hervor. Der Airway führt uns über den Punkt Nabed östlich dem Nil entlang. Wüste für mich eindrucksvoll. Nach 1:40 Stunden erkennen wir wieder von links das faszinierende Niltal, das sich in der Großstadt Kairo ausbreitet. Von Kairo nach Alexandria ist es nur ein Katzensprung. Der Katzensprung Nildelta zeigt aber Entfernung. Knapp eine Stunde Flugzeit bewegen wir uns über grünes kuliviertes Land Richtung dem Mittelmeer. Wo die Pyramiden sind wissen wir zwar, aber erkennbar sind sie leider nicht. In Ägypten/Alexandria sind wir eigentlich schon fast zuhause. Ein Stückerl übers Mittelmeer, Griechenland, Italien, es ist wirklich schon Heimat. Das Stückerl übers Mittelmeer sind nur 2 Stunden, 4 Schiffe sehen wir in diesem Zeitraum. Alles ist so nah und heimisch, ich kann mich nicht erinnern ob und wo wir Schwimmwesten gehabt haben. Braucht man ja auch nicht wenn man fast zuhause ist.

Nach Irakleon auf Kreta müssen wir ein für uns vorerst unverständliches Verfahren fliegen, bald erkennen wir, daß es eine Ursache hat. Alle 3 Minuten landet dort ein Jet, der irgendwelche Urlauber entweder herbringt oder abholt. Die Landung um 20 vor 5 Nachmittag fliegt Alex wie ein Uhrwerk. Das Handling dort, wie bisher überall auf unserer Reise, freundlich und zuvorkommend, aber wesentlich teurer als in Afrika. Handling bedeutet, der Agent ruft den Tankwagen und nimmt die Landegebühr entgegen. Kostenpunkt, etwas über US$ 100. Natürlich plus Sprit und Landegebühr. Alex soll den Flugplan nach Wien machen, Franz und ich nehmen einige Feineinstellungen am Triebwerk vor.

17:30 Uhr, der Flieger ist getankt, die Triebwerke sind eingestellt, wir sind bereit zum Abflug. Es fehlt unser Alex, der fliegt wie ein Uhrwerk. Und der Flugplan. Franz arbeitet seit 27 Jahren bei den österreichischen Luftstreitkräften als Techniker. Alex seit 6 Jahren dort als Pilot. Franz sagt foah ma? (für unseren deutschsprechenden Freunde: fahren wir?)... Alex ist nicht hier und foaht net. Nach einer Stunde, Franz sagt foah ma? , Alex ist nicht hier und foaht net. Nach einer weiteren Stunde, Franz sagt foah ma? , Alex ist nicht hier und foaht net. Ich gehe Alex suchen , wahrscheinlich hat man ihn gekidnappt. Tatsächlich, am Turm find ich ihn, ungekidnappt, aber zerbrochen. Vor einigen Tagen trat das neü europäische standardcomputerisiertevereinheitlicht genormte Flugsicherungsstandardgebühren-entrichtungsroutenorganisationsnetz in Kraft bei dem alle Flugpläne, egal woher und wohin von einer Luftstrassengebührenoptimierungsstreckennetzaufsichtsbehördenorganisationsleitungskommision für gut befunden und genehmigt werden muss in Kraft. Das waren zu viele Buchstaben für Alex. Er gab einen Flugplan von Iraklion über die Funkfeuer sud-trl-ara-brd-vie-anc-pul-ilb-dol-grz nach Wien auf. Von der Luftstrassengebührenoptimierungsstreckennetzaufsichtsbehördenorganisationsleitungskommision kam ein Telex zurück, daß dieser Flugplan so nicht akzeptiert wird, weil über der Adria aufgrund der Kriegshandlungen in Jugoslawien sich ein nato-Sperrgebiet befindet. Alex telefoniert mit Brindissi und Padua Control, und ersucht über irgend ein routing, das genehmigt werden würde. Er schreibt einen neuen Flugplan für die Strecke Irakleon.Wien, über ......, wieder einen neuen, wieder einen neuen...druckerschwärze kostet auch Geld, vereinfacht ausgedrückt nach seinem vierten Routenvorschlag schreibt die Luftstrassengebührenoptimierungsstreckennetzaufsichtsbehördenorganisationsleitungskommision zum vierten mal ein Telex zurück, daß sie das nicht akzeptieren. Zu diesem Zeitpunkt treffe ich Alex völlig wider erwarten am Turm in Irakleon -ich dachte, er ist schon lange gekidnappt und Lösegeldforderungen schon lange nach Wien übermittelt- völlig aufgelöst, weil die von Brüssel nach 26 Telefonaten akzeptierte Route ist über Neapel, Rom, Elba, Florenz, Innsbruck, München, Salzburg nach Wien führte. Somit hatten wir wieder das scheiss Entfernungsproblem, weil diese für diese Route haben wir absolut, wirklich, auch mit Rückenwind, guten Beziehungen und viel Glück zu wenig Sprit. Seit 35 Jahren bin ich Italien- und Italienerfan, und somit überzeugt, daß die Italiener dafür Verständnis haben, daß man von Griechenland nicht über Innsbruck und München nach Wien fliegt. Auf meine Aufforderung, den Flugplan so zu schreiben wie der Luftstrassengebührenoptimierungsstreckennetzaufsichtsbehördenorganisationsleitungskommision recht ist, und ich die italienischen Flugsicherungsleute adnn am Funk davon überzeugen werde, daß wir eher direkt nach Wien fliegen werden meinte er, wieder einmal, daß wir zu wenig Sprit haben. Ich will heute in meinem Bett schlafen, außerdem habe ich Silvia angekündigt, daß sie mich um Mitternacht in Schwechat abholen darf. Alex erkennt am 4 Tag unserer Rückreise, daß die Diskussion über Zielflugplatz für ihn wieder fruchtlos enden wird. Tatsächlich akzeptiert die Luftstrassengebührenoptimierungsstreckennetzaufsichtsbehördenorganisationsleitungskommision unseren Flugplan innerhalb von 14 Minuten, wahrscheinlich hätte sie, wenn wir über Madrid, Oslo und Moskau geflogen wären, dies bereits nach 12 Minuten getan. Um 17:15 Uhr starten wir in Richtung Stiefelabsatz von Italien. ein wunderschöner Flug über die Westküste Griechenlands und die davor liegenden Inseln führen uns nach Brindisi, der Südöstlichsten Flugverkehrs Controlunit von Italien. Dort bekommen wir tatsächlich eine Streckenfreigabe über Neapel, Rom, Innsbruck, München nach Wien aber schon nach der ersten Rückfrage meinen meine Italienischen Freunde, daß wir der Italienischen Adriaküste entlang nach Venedig fliegen können. Die Sonne versinkt im Meer auf der westseite des Stiefels, wir fliegen entlang der Ostküste stückerlweise nach norden und erhalten mit dem Hinweis we got clearance from Brussels via Western Europe vo Vienna, may we have a short cut, immer wieder eine Abkürzung nach hause. Die Route Pescara, Ancona, Rimini, Chioggia, Venedig, Triest, in der Abenddämmerung, später im abendlichen Licht. Der Eindruck Italiens bei traumhaft schönen Wetter war wirklich ein Genuss. Von Triest bekamen wir ein direct nach Wien wo Alex, wie ein Uhrwerk um 7 Minuten nach 01:00 Uhr in der Früh wie gewohnt (wie ein Uhrwerk) mit der Nase nach vorne und den Rädern nach unten aufsetzte. Ich erwarte daß Silvia mir zumindest ein Auto für die Heimfahrt irgedwo am Flugplatz deponiert, aber es ist anders. Knapp 20 Freunde der Pink begrüßen uns am Vorfeld des Flughafens Schwechat mit Sekt und Blitzlichtgewitter. Jetzt, wer auch immer dort war, über jeden einzelnen haben wir uns sehr gefreut. Persönlich freue ich mich am meisten über meine Kinder. Und bereits zum dritten mal, hat mich die Anwesenheit des sonst sehr dienstlich sachlichen aber doch herzlichen Prüfers unserer Luftfahrtbehörde erquickt. Die zulassung ist innerhalb von ein paar Tagen abgeschlossen, und noch am darauffolgenden Freitea können wir nach Midden Zeeland mit unserer Neuen die ersten Springer abstezen.